Liebe Leser,

anbei findet Ihr wieder eine kleine Auswahl aktueller Nachrichten vom afrikanischen Kontinent. Über die letzten Tage ist mir aufgefallen, dass die (deutsche) Politik Afrika scheinbar „wiederentdeckt“ hat. „Entwicklungs-Minister“ Müller fordert einen Marshall-Plan für Afrika, die Kanzlerin höchstselbst will sich für bessere Perspektiven für die afrikanischen Länder einsetzen, Finanzminister Schäuble will private Investitionen in Afrika ankurbeln und selbst der EU-Kommissionspräsident Juncker verspricht 44 Milliarden Euro an Investitionen. Ebenso hat die G20 Afrika „wiederentdeckt“. So schön diese Initiativen auf den ersten Blick klingen, versteckt sich dahinter natürlich das Ziel, potenzielle Flüchtlinge abzuhalten. Es ist äußerst fragwürdig, ob mehr Geld / Entwicklungshilfe und mehr neoliberale Politik (Schäuble: „Investitionshemmnisse abbauen und Investitionsanreize setzen“) wirklich zur Überwindung von Fluchtursachen beitragen können. Denn afrikanische Staaten werden schon seit Jahren dazu getrieben, Investitionshemmnisse abzubauen – bisher jedoch ohne nachhaltigen Erfolg.

Neben fünf Artikeln zur vermeintlichen Wiederentdeckung Afrikas enthält der Pressespiegel folgende Themen:

  • Dreckiger Diesel für Afrika – wie Schweizer Rohstoffhändler afrikanische Städte verpesten
  • US-Hedgefonds für Korruption in Rohstoffländern Afrikas bestraft
  • The cobalt pipeline: Tracing the path from deadly hand-dug mines in Congo to consumers’ phones and laptops
  • China Konkurrenz machen: Die japanische Wirtschaft soll in Afrika wachsen – Senegal baut Gesundheitsversicherung auf
  • Kongos Wahlkommission will Präsidentenwahl auf 2018 verschieben
  • How African governments are increasingly clamping down on the internet to control their citizenry
  • Die Sieger über Boko Haram werden selbst zur Gefahr
  • Cameroon goes it alone with controversial EU trade deal, angers regional partners
  • Das Chaos in Libyen
  • Und ohne Afrika-Bezug: Warum Staatsverschuldung die zukünftigen Generationen nicht (finanziell) belastet.

Müller fordert Marschall-Plan für Afrika

(…)

Doch Müller will mehr. „Wir müssen wegkommen von den ganzen Kleinprojekten, von der Entwicklungspolitik der vergangenen Jahrzehnte, hin zu einem neuen Ansatz“. (…) Der Minister will einen Marshallplan für Afrika.

Dazu brauche man drei Komponenten: Eine Wirtschaftsoffensive unter dem Motto „fairer Handel“, damit auf dem Kontinent eigene Wertschöpfungsketten entstünden, massive Investitionen aus dem Ausland und eine Weiterentwicklung der Entwicklungspolitik.

http://www.dw.com/de/utopie-oder-vision-entwicklungsminister-m%C3%BCller-fordert-marshallplan-f%C3%BCr-afrika/a-19470273

Entwicklungshilfe: Angela Merkel verspricht mehr Geld für Afrika

(…)

„Es ist wichtig, den afrikanischen Ländern Perspektiven zu geben“, sagte die Kanzlerin mit Blick auf die demografische Entwicklung Afrikas. Auch um große Flüchtlingsströme zu vermeiden, sei es wichtig, den Ländern unter die Arme zu greifen.

(…)

Beim Einsatz von Entwicklungshilfe zur Bekämpfung illegaler Einwanderung herrscht in der Bundesregierung Uneinigkeit, wie die Hilfen als Druckmittel eingesetzt werden dürfen. Dabei gibt es zwei konkurrierende Ansätze: Der eine sieht vor, Länder, aus denen viele Menschen nach Europa gelangen, zu sanktionieren und ihnen Mittel zu kürzen. Ein anderer Ansatz ist es, Hilfsgelder dorthin zu leiten, wo die Regierungen die Flucht eindämmen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/entwicklungshilfe-angela-merkel-verspricht-mehr-geld-fuer-afrika-a-1114049.html

Schäuble: Investitionen in Afrika ankurbeln

Europa hat eine Verantwortung für Afrika im ureigenen Interesse. Deshalb haben wir verabredet, dass wir im Rahmen unserer G-20-Präsidentschaft auf die Entwicklung neuer Märkte und Wachstumspotentiale mit unseren afrikanischen Partnern einen Schwerpunkt setzen werden. Wir beginnen, über einen „Compact with Africa“ zu sprechen – ein deutscher Vorstoß für unsere Präsidentschaft.

Wir wollen damit private Investitionen in Afrika sicherer machen, Investitionshemmnisse abbauen und Investitionsanreize setzen. Europa muss sich mehr für die Stabilisierung unserer Nachbarschaft engagieren. Es wird uns nicht gutgehen, wenn um uns herum die Welt in immer größere Turbulenzen gerät.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/gastbeitrag-von-wolfgang-schaeuble-veraenderung-keine-selbstaufgabe-14454139.html?printPagedArticle=true

EU-Kommission will Milliardenfonds für Investitionen in Afrika – 44 Milliarden versprochen

Zur Bekämpfung von Fluchtursachen will die EU-Kommission über einen milliardenschweren Invesitionsfonds Entwicklungsländer wirtschaftlich stärker unterstützen.

http://www.zeit.de/news/2016-09/14/eu-eu-kommission-will-milliardenfonds-fuer-investitionen-in-afrika-14103803

Während die deutschen und europäischen PolitikerInnen mit solchen schön klingenden Projekten und Visionen in die Medien streben, bleiben die weniger schönen Taten im Verborgenen. Siehe beispielsweise meinen Artikel: Wie Europa mit brutalen Regimen kooperiert, um Flüchtlinge abzuhalten.

The G20’s call for a New Industrial Revolution and what it means for more and better jobs

Africa’s industrialisation, as part of a broader economic transformation process, could help create more and better jobs in the formal manufacturing sector.

However, the G20’s statement also calls for promoting the protection of Intellectual Property Rights (IPR), trade liberalisation and the elimination of subsidies. These prevent developing countries from using industrial policy tools that rich countries relied on in the past to shift towards higher-value activities. The Vietnamese example shows how openness can backfire.

The EU has been negotiating an Economic Partnership Agreement (EPA) with East African countries for over a decade. Nigeria and Tanzania assessed the pros and cons of opening up to European imports before developing their own domestic industries and recently decided to pull out. “Our experts have established that the way it has been crafted, the EPA will not benefit local industries in east Africa. Instead it will lead to their destruction as developed countries are likely to dominate the market,” Tanzania’s foreign affairs permanent secretary Aziz Mlim stated.

Developing countries will need the flexibility to use the policies that members of the G20 relied on to industrialise – and the G20 will have to play a huge part in opening up that space.

http://blogs.lse.ac.uk/africaatlse/2016/09/15/the-g20s-call-for-a-new-industrial-revolution-and-what-it-means-for-more-and-better-jobs/

Zur Notwendigkeit der Schaffung von Jobs, siehe auch: Nachhaltige Entwicklung in Afrika – nur durch die Schaffung von Jobs zu erreichen

Dreckiger Diesel für Afrika:

Schweizer Rohstoffhandelsfirmen nutzen die niedrigen Umweltgrenzwerte westafrikanischer Länder, um mit schmutzigem Treibstoff ihre Gewinne zu optimieren. Zu diesem Schluss kommt Public Eye in einer Studie über die Luft- und Treibstoffqualität in mehreren Ländern Afrikas.

https://www.welt-sichten.org/artikel/32526/dreckiger-diesel-fuer-afrika

Mehr Informationen auf den Seiten von Public Eye: https://www.publiceye.ch/de/ (ehemals Erklärung von Bern).

Zu den Machenschaften einiger internationaler Unternehmen in Afrika siehe auch:

US-Hedgefonds für Korruption bestraft

Der New Yorker Hedgefonds Och-Ziff, der sich in Afrika engagierte, hat Schmiergelder gezahlt. Er muss nun in den USA Geldstrafen zahlen.

(…)

Och-Ziff wurde 1994 mit Kapital der Milliardärsfamilie Ziff vom ehemaligen Goldman-Sachs-Mitarbeiter Daniel Och gegründet, der das Unternehmen bis heute führt. 2007 beschloss Och, auf Afrikas Rohstoffboom zu setzen. Über Och-Ziffs Londoner Vertreter Michael Cohen, der eigene Afrika-Investitionsfirmen gründete, flossen Kredite von über 86 Millionen US-Dollar an einen südafrikanischen Geschäftsmann. Er habe mit dem frischen Geld Bergbaulizenzen in Niger und Tschad erworben, dabei sollen Schmiergelder geflossen sein.

http://www.taz.de/Rohstoffgeschaefte-im-Kongo/!5341770/

The cobalt pipeline: Tracing the path from deadly hand-dug mines in Congo to consumers’ phones and laptops

(…)

The Post traced this cobalt pipeline and, for the first time, showed how cobalt mined in these harsh conditions ends up in popular consumer products. It moves from small-scale Congolese mines to a single Chinese company — Congo DongFang International Mining, part of one of the world’s biggest cobalt producers, Zhejiang Huayou Cobalt — that for years has supplied some of the world’s largest battery makers. They, in turn, have produced the batteries found inside products such as Apple’s iPhones — a finding that calls into question corporate assertions that they are capable of monitoring their supply chains for human rights abuses or child labor.

https://www.washingtonpost.com/graphics/business/batteries/congo-cobalt-mining-for-lithium-ion-battery/

Zum Thema Konfliktmineralien siehe auch folgende Artikel:

China Konkurrenz machen: Die japanische Wirtschaft soll in Afrika wachsen – Senegal baut Gesundheitsversicherung auf

(…) Demnach will Japan in den kommenden drei Jahren umgerechnet rund 27 Milliarden Euro in Afrika investieren. (…) »Wir haben das tiefe Gefühl, dass Japan stark in Afrika wachsen kann, wo es Möglichkeiten im Überfluss gibt«, sagte Abe weiter. (…) Auf dem Programm der Konferenz stand die Unterzeichnung von mehr als 70 Vereinbarungen und Handelsabkommen. Tokio erhofft sich, durch sein Engagement den Einfluss seines Rivalen China auf dem Kontinent zu begrenzen.

Der senegalesische Präsident Macky Sall kann einen besonderen Erfolg mit nach Hause nehmen: Mit einem zweckgebundenen Kredit über 62 Mio. Euro – zu verzinsen mit 0,03 Prozent auf 40 Jahre – kann in Senegal das Krankenversicherungssystem ausgebaut werden, das heute 47 Prozent der Bevölkerung abdeckt und bis Ende 2017 drei Viertel der Senegalesen im Krankheitsfall versorgen soll. Dort wird die Hälfte der Versicherungskosten vom Staat finanziert, so dass mit einem bescheidenen Mitgliedsbeitrag die gesundheitliche Grundversorgung sichergestellt ist.

Weiter: https://www.jungewelt.de/2016/09-08/029.php

Kongos Wahlkommission will Präsidentenwahl auf 2018 verschieben

Die Wahlkommission im Kongo will die Präsidentenwahl von diesem November auf Dezember 2018 verschieben. Nach Abschluss der Wählerregistrierung am 31. Juli 2017 benötige die Kommission (CENI) 504 Tage, um die Präsidentenwahl zu organisieren, teilte das Büro des Vorsitzenden Corneille Nangaa am Samstag mit. Präsident Joseph Kabilas Amtszeit endet offiziell am 19. Dezember (2016).

http://derstandard.at/2000045230923/Kongos-Wahlkommission-will-Praesidentenwahl-auf-2018-verschieben

Die Sieger über Boko Haram werden selbst zur Gefahr

26.000 bewaffnete Mitglieder von Bürgerwehren vertrieben Islamisten und fordern nun nachdrücklich Arbeit

(…)

Und es gibt aus Sicht Abujas noch einen weiteren Grund zur Sorge: Schon seit geraumer Zeit fragen sich dort einige Strategen, ob sich Bürgerwehren, die sich so gut regional koordinieren können, überhaupt noch lange einem ethnisch und religiös gemischten Gesamtstaat zugehörig fühlen werden. – derstandard.at/2000045303834/Die-Sieger-ueber-Boko-Haram-werden-selbst-zur-Gefahr

http://derstandard.at/2000045303834/Die-Sieger-ueber-Boko-Haram-werden-selbst-zur-Gefahr

Erneut wird also deutlich wie wichtig Jobs für die (friedliche) Entwicklung afrikanischer Gesellschaften sind.

How African governments are increasingly clamping down on the internet to control their citizenry

African governments are increasingly clamping down on the internet, especially social media in an attempt to silence democratic opposition.

http://mgafrica.com/article/2016-09-22-how-african-governments-are-increasingly-clamping-down-on-the-internet-to-control-their-citizenry

Cameroon goes it alone with controversial EU trade deal, angers regional partners

Many in Cameroon and the wider region worry that the unilateral signing of an Economic Partnership Agreement was a bad decision.

http://africanarguments.org/2016/09/26/cameroon-goes-it-alone-with-controversial-eu-trade-deal-angers-regional-partners/

Zwei Artikel zu den EPAs findet ihr hier:

Das Chaos in Libyen

In Libyen herrscht Chaos und die westliche Welt schaut weg. Nach dem Sturz Gadhafis ist es nicht gelungen, eine funktionierende Regierung zu installieren. Stattdessen kämpfen noch immer unterschiedliche Gruppierungen um Macht, Einfluss und Öl.

https://makroskop.eu/2016/09/das-chaos-libyen/

Artikel ohne Afrika-Bezug:

Warum Staatsverschuldung die zukünftigen Generationen nicht (finanziell) belastet

Diese Behauptung das Staatsschulden zukünftige Generationen belasten entbehrt der Logik, oder besser noch, sie ignoriert die Grundlagen der doppelten Buchführung. Die Schulden des Staates sind die Vermögen der Haushalte und Unternehmen, denn diese besitzen ja die Staatsanleihen und vererben sie auch weiter.

https://makroskop.eu/2016/09/warum-staatsverschuldung-die-zukuenftigen-generationen-nicht-finanziell-belastet/

Vorherige Pressespiegel:

Hier geht es zum vierten Afrika-Pressespiegel.

Hier geht es zum dritten Afrika-Pressespiegel.

Hier geht es zum zweiten Afrika-Pressespiegel.

Hier geht es zum ersten Afrika-Pressespiegel.